Salam alaikum und Hallo
Die letzte Woche war zum Verrücktwerden. Ein medizinischer Notfall nach dem anderen und dabei sind wir kein Krankenhaus.
Ok, sie wollen, dass wir die Kosten übernehmen. Aber haben wir dann nicht auch ein Recht auf eine korrekte Dokumentation?
Ein junges Mädchen, ihre Mutter war eine Reiswitwe bei uns, kam vor einiger Zeit wegen Epilepsie zu uns. Ihre Tabletten kosten 20 € pro Monat, das kann sie nicht bezahlen. Zumal ihre Mutter auch krank ist und Hilfe benötigt. Ich bekomme die Medikamente jetzt aus Deutschland, doch es fehlt immer noch der Arztbericht.
Als nächstes kam eine ältere, uns bekannte Frau, die eine Katarakt-OP benötigt. Das gleiche Spiel. Sie sagen ihr mündlich, dass es etwa 120 € kosten wird, aber kein Papier, keine Diagnose.
Später kam die Mutter von unserer Putzfrau. Die fragte nach Geld für ein CT. Auf die Frage weswegen keine Antwort. Wir sagten ihr, sie sollte Papiere vom Arzt bringen. Am nächsten Tag kam sie mit einem Dokument über einen Bluttest, in dem ihr zu hohes Cholesterin diagnostiziert wurde. Ein Scan bei zu hohem Cholesterin?
Auch unserem Fahrer geht es schon seit Wochen schlecht. Erst hatten sie Malaria getestet, er bekam die üblichen Tabletten und Paracetamol. Aber seine Brustschmerzen wurden nicht besser. Er ging zum Scan in die Hauptstadt. Ohne Befund. Aber sie haben ihm Paracetamol verschrieben. Da auch hier die Ärzte eine unlesbare Handschrift haben, kaufte er es zum zweiten Mal. Zwei Tage später erneut zum Scan, der immerhin 25 € kostet. Wieder kein Befund. Dann schickten sie ihn zu einem Herzspezialisten. Der diagnostizierte eine Lungenentzündung und verschrieb Antibiotika, und wie sollte es anders sein Paracetamol. Nach all den Arztbesuchen ist er nun komplett pleite und hat 3x Paracetamol gekauft.
Im Büro echauffierte ich mich dann etwas über diese Praktiken, als mir unser Assistent erzählte, dass sein Freund kürzlich eine Überdosis Paracetamol genommen hat und ins Krankenhaus ging, um sich behandeln zu lassen. Sein Körper brannte innerlich und er fühlte sich hundeelend. Du glaubst nicht, was der Arzt ihm verschrieben hat. PARACETAMOL.
Doch ich kann noch einen darauf setzen. Ein bei uns sehr beliebter Taxifahrer, der uns immer rührend mit den Hammeln und den Ramadanpaketen hilft, kam im Mai zu uns, weil seine neugeborene Tochter sterbenskrank war. Wir unterstützten ihm mit etwas Geld für das Krankenhaus, doch leider verstarb die Kleine kurze Zeit später. Seit der Schwangerschaft hat seine Frau Nierenprobleme. Ende August wurde dann eine Niere entfernt und sie musste an die Dialyse. Er bat uns noch einmal um Geld für neun Flaschen einer Substanz für die Blutwäsche.
Am Dienstag kam er dann wieder und fragte, ob wir die Kosten für die zweiwöchentlichen Blutwäschen übernehmen können. Ich bat ihn, zum Krankenhaus zu gehen und etwas Schriftliches zu bringen. Er sagte, sie geben ihm keine Dokumente. Dann wollte er die Papiere, die seine Frau schon hatte, zu uns bringen. Das haben sie ihm nicht erlaubt. Die Frau fotografiert die Papiere dann heimlich und schickte uns die Fotos. Doch es waren wieder nur Bluttests und keine Diagnose oder Kostenaufstellungen.
Ich kann nun aber als NGO nicht auf Zuruf Gelder verteilen, aber am Ende leiden die Patienten. Sie sind häufig entweder Analphabeten oder wie unser Fahrer nicht in der Lage, die Medikamente auseinanderzuhalten und zu erkennen. Sie machen einfach, was der Arzt sagt, weil sie nicht gewohnt sind zu hinterfragen.
Ich werde jetzt entweder noch einen letzten Versuch starten und ein oder zwei unserer Mitarbeiter zusammen mit den Patienten zu den entsprechenden Ärzten schicken und um die Arztberichte bitten, oder wir verabschieden uns von dem medizinischen Bereich und überlassen ihn den NGOs, die sich um Gesundheitsfragen kümmern.
In dem Gesundheitssektor herrscht so viel Unwissenheit und mangelnde Kooperation, dass es einfach zu arbeitsaufwendig wird.
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